Montag, 25. Juni 2007

Sprint-Gesamtsieg vor heimischer Kulisse

Mit Simmentaler Fan-Gruppe in Bern


Ich gebe es zu. So nervös wie heute Morgen war ich schon lange nicht mehr. Den 23. Juni hatte ich meiner Agenda rot angestrichen. Der selbst auferlegte Druck, in meiner engeren Heimat etwas zu zeigen, lastete auf meinen Schultern. Dazu kam die ungewisse Aussicht und die Hoffnung auf den definitiven Gewinn des Sprint-Trikots. Einige Sorgen bereiteten mir auch, wie ich die gestrige Königsetappe, auf der ich mich nicht allzu gut gefühlt hatte, verdauen würde. Aber meine Freunde und Kollegen sagen in solchen Situationen immer: „Wenn Stalder jammert“, dann ist er gut drauf.

Also sind wir um 13’30 Uhr im Haslital gestartet. Keine Minute später erfolgten die ersten Attacken. In einem Höllentempo ging es vorbei an den Sehenwürdigkeiten des Berner Oberlandes. Die Ski-Region Meiringen-Hasliberg, das Schnitzlerdorf Brienz, der stahlblaue Brienzersee, Interlaken mit der mayestätischen Jungfrau im Hintergrund und ein Grossteil des Thunersee hatten wir nach einer Stunde bereits passiert. Keine Zeit für Sight-Seeing. Das Tempo der ersten Stunde betrug über 50 kmh. Wir erreichten Spiez und die Abzweigung in Wimmis, von wo es durch das grünste Tal der Schweiz zu mir nach Hause geht. Wir drehten aber rechts ab und durchs Stockental erreichten wir den Anstieg nach Riggisberg. Es hiess aufmerksam zu bleiben, denn hier würde eine Vorentscheidung fallen. Das war mir klar und so war es auch. In den ersten Kehren konnte ich mich zusammen mit 10 anderen Fahrern vom Feld lösen. Wir erreichten bald gegen 3 Minuten Vorsprung.

Von meinen Gegnern im Sprintklassement war auch Daniel Navarro in dieser Gruppe. Es hiess also höllisch aufpassen, dass er mich in dieser Wertung nicht noch überholen würde. Leider führten weder die drei Discovery-Leute, noch der Lampre- und der Lotto-Mann, so dass viel (zuviel?) Arbeit auf mir lastete. Mein sportlicher Leiter Mario Beccia, selber ein TdS-Sieger (1980) bedeutete mir immer wieder, nicht soviel zu arbeiten „Tranquillo, tranquillo“ tönte es ständig aus seinem Wagen. Ich wollte aber unbedingt vor dem Feld bei der ersten Spurtwertung in Freiburg sein und das gelang mir auch. Mit dem Sieg in der Spurtwertung wusste ich, dass mir dieses Trikot nun niemand mehr nehmen würde.

Dann gings in die berüchtigte Steigung „Lorette“ ausgangs Freiburg. 105 m Höhendifferenz auf gut 600 Metern Distanz ergeben im Schnitt 15-18% und das alles auf Pavée-Steinen. Brutal; die Mauer von Grammont in Belgien ist ein Klacks dagegen. Hier verlor ich den Kontakt zu den beiden Spitzenfahrern Sastre und Ballan. Ich konnte zwar später nochmals ganz kurz aufschliessen und weitere drei Punkte in der Sprintwertung gewinnen, aber aber da war das Feld schon zu nahe. Wir wurden acht Kilometer vor dem Ziel eingeholt und vier Kilometer vor dem Ziel musste ich meinem Effort definitiv Tribut zollen und verlor auch den Kontakt zum rund 60-köpfigen Feld. Ich wurde 71. mit einem Rückstand von 3.41. Kein Wunder nach dem Einsatz bei einem Schnitt von über 43,8 kmh.

Zurück bleiben die Erinnerungen an einen hektischen Tag, an die überaus vielen Zurufe aus dem Berner Oberländer und Freiburger Publikum, die Freude über den Sprint-Gesamtsieg, die Anwesenheit der zahlreichen Simmentaler Fans und an die vielen Interviews vor und nach dem Rennen. Den erhofften TdS-Etappensieg hole ich im nächsten Jahr nach. Einverstanden? Ich lade euch alle ein zum morgigen abschliessenden Einzelzeitfahren in Bern. Mit Stolz und Freude werde ich das Sprint-Trikot um den 34-km-Rundkurs führen. Das Resultat wird Nebensache sein.

Florian Stalder – Tschüss, mit etwas Verspätung aus Schwarzsee.