Mittwoch, 27. Juni 2007

Zahltag fürs Volksbank-Team

Sprint-Gesamtsieger der TdS 2007

Gestern ist sie nun also zu Ende gegangen, die Tour de Suisse. Erstmals durfte ich dabei sein und ich habe viele wertvolle Eindrücke gewonnen. Es ist schon speziell, wenn man jeden Tag von Tausenden von Fans im eigenen Land unterstützt wird. In meinem weissen Sprint-Trikot haben mich viele Besucher erkannt und mich speziell angefeuert.

Zur Sicherung des Leadertrikots hatte ich im Zeitfahren von gestern noch eine kleine Hürde zu nehmen: Ich musste vor Kontrollschluss im Ziel sein, denn nur ein Fahrer, der die Rundfahrt beendet hat, darf zum Gesamtsieger dieser Wertung erkürt werden. Das war eigentlich kein Problem. Nur ein gravierender Sturz oder mehrere Defekte hätten mir diesen Triumph noch nehmen können. So wurde ich dann an der Siegerfeier gebührend gefeiert. Zusammen mit Fabian Cancellara, der das Zeitfahren gewonnen hat, durfte ich als einziger Schweizer ein siebtes und letztes Mal aufs Podest treten. Dieser Auftritt vor einer riesigen Menschenmenge vor dem Stade de Suisse in Bern war schon speziell. Auch aus Zweisimmen war eine grosse Delegation mit Kuhglocken und Fahnen angereist.

Unsere Bemühungen um das Sprint-Trikot haben sich auch in Euro-Prämien niedergeschlagen. Mein Gesamtsieg, der dritte Platz von Rene Weissinger, meine 29 Punkte, die 12 von Rene Weissinger und je 6 Punkte von Pascal Hungerbühler und Gerrit Glomser brachten weitere Prämien ein. Und schlussendlich durfte ich mir an jedem der sechs Tage 500 € für das „Tragen des Trikots" gutschreiben lassen. Insgesamt haben wir damit ziemlich genau 2/3 der Sprintwertungsprämien gewonnen. Auch die anderen Team-Mitglieder haben schöne Prämien eingefahren. Allen voran Gerrit Glomser mit seinem sehr guten 8. Rang im Gesamtklassement und mit den verschiedenen Spitzenklassierungen in einzelnen Etappen. Vom ersprinteten Geld geht vorab ein Teil in die Trinkgeldkasse aller Betreuer und den Rest wird zu gleichen Teilen unter den TdS-Mannschaftskollegen aufgeteilt.

Geld allein macht aber nicht glücklich. Mindestens ebenso wichtig war für unser Team auch im Hinblick auf die Zukunft eine gute Vorstellung in der Schweiz. Vor einer Woche waren wir die Nobodys, im Verlaufe der letzten Tage haben wir für unsere Leistungen viel Anerkennung erhalten. Das ist das Verdienst des ganzen Volksbank-Teams und der zahlreichen Helfer im Hintergrund. Alles in allem eine gelungene Vorstellung. Alle acht Fahrer haben Bern erreicht. Im Gesamt-Klassement der Equpinen haben wir sieben Pro Tour Teams hinter uns gelassen (Francaise des jeux, Liquigaz, Lotto, Caisse d'Espargne, Gerolsteiner, Milram und Esukatel). Nun ist Erholung angesagt. Am nächsten Wochenende finden in Brugg die Schweizer Meisterschaften statt. Ich hoffe, dass ich meine gute Form auch dann ausspielen kann. Euer „TdS-müder" Flöru.

Montag, 25. Juni 2007

Sprint-Gesamtsieg vor heimischer Kulisse

Mit Simmentaler Fan-Gruppe in Bern


Ich gebe es zu. So nervös wie heute Morgen war ich schon lange nicht mehr. Den 23. Juni hatte ich meiner Agenda rot angestrichen. Der selbst auferlegte Druck, in meiner engeren Heimat etwas zu zeigen, lastete auf meinen Schultern. Dazu kam die ungewisse Aussicht und die Hoffnung auf den definitiven Gewinn des Sprint-Trikots. Einige Sorgen bereiteten mir auch, wie ich die gestrige Königsetappe, auf der ich mich nicht allzu gut gefühlt hatte, verdauen würde. Aber meine Freunde und Kollegen sagen in solchen Situationen immer: „Wenn Stalder jammert“, dann ist er gut drauf.

Also sind wir um 13’30 Uhr im Haslital gestartet. Keine Minute später erfolgten die ersten Attacken. In einem Höllentempo ging es vorbei an den Sehenwürdigkeiten des Berner Oberlandes. Die Ski-Region Meiringen-Hasliberg, das Schnitzlerdorf Brienz, der stahlblaue Brienzersee, Interlaken mit der mayestätischen Jungfrau im Hintergrund und ein Grossteil des Thunersee hatten wir nach einer Stunde bereits passiert. Keine Zeit für Sight-Seeing. Das Tempo der ersten Stunde betrug über 50 kmh. Wir erreichten Spiez und die Abzweigung in Wimmis, von wo es durch das grünste Tal der Schweiz zu mir nach Hause geht. Wir drehten aber rechts ab und durchs Stockental erreichten wir den Anstieg nach Riggisberg. Es hiess aufmerksam zu bleiben, denn hier würde eine Vorentscheidung fallen. Das war mir klar und so war es auch. In den ersten Kehren konnte ich mich zusammen mit 10 anderen Fahrern vom Feld lösen. Wir erreichten bald gegen 3 Minuten Vorsprung.

Von meinen Gegnern im Sprintklassement war auch Daniel Navarro in dieser Gruppe. Es hiess also höllisch aufpassen, dass er mich in dieser Wertung nicht noch überholen würde. Leider führten weder die drei Discovery-Leute, noch der Lampre- und der Lotto-Mann, so dass viel (zuviel?) Arbeit auf mir lastete. Mein sportlicher Leiter Mario Beccia, selber ein TdS-Sieger (1980) bedeutete mir immer wieder, nicht soviel zu arbeiten „Tranquillo, tranquillo“ tönte es ständig aus seinem Wagen. Ich wollte aber unbedingt vor dem Feld bei der ersten Spurtwertung in Freiburg sein und das gelang mir auch. Mit dem Sieg in der Spurtwertung wusste ich, dass mir dieses Trikot nun niemand mehr nehmen würde.

Dann gings in die berüchtigte Steigung „Lorette“ ausgangs Freiburg. 105 m Höhendifferenz auf gut 600 Metern Distanz ergeben im Schnitt 15-18% und das alles auf Pavée-Steinen. Brutal; die Mauer von Grammont in Belgien ist ein Klacks dagegen. Hier verlor ich den Kontakt zu den beiden Spitzenfahrern Sastre und Ballan. Ich konnte zwar später nochmals ganz kurz aufschliessen und weitere drei Punkte in der Sprintwertung gewinnen, aber aber da war das Feld schon zu nahe. Wir wurden acht Kilometer vor dem Ziel eingeholt und vier Kilometer vor dem Ziel musste ich meinem Effort definitiv Tribut zollen und verlor auch den Kontakt zum rund 60-köpfigen Feld. Ich wurde 71. mit einem Rückstand von 3.41. Kein Wunder nach dem Einsatz bei einem Schnitt von über 43,8 kmh.

Zurück bleiben die Erinnerungen an einen hektischen Tag, an die überaus vielen Zurufe aus dem Berner Oberländer und Freiburger Publikum, die Freude über den Sprint-Gesamtsieg, die Anwesenheit der zahlreichen Simmentaler Fans und an die vielen Interviews vor und nach dem Rennen. Den erhofften TdS-Etappensieg hole ich im nächsten Jahr nach. Einverstanden? Ich lade euch alle ein zum morgigen abschliessenden Einzelzeitfahren in Bern. Mit Stolz und Freude werde ich das Sprint-Trikot um den 34-km-Rundkurs führen. Das Resultat wird Nebensache sein.

Florian Stalder – Tschüss, mit etwas Verspätung aus Schwarzsee.




Samstag, 23. Juni 2007

Stalder statt Stadler.

Auch der Blick interessiert sich: Interview mit Reporter Josef Keel


Gestern ist es spät geworden. Nach den verrückten Ereignissen des Tages mit Sturmwinden, Hagelgewitter, Unterbruch und Neustart, dem 2. Platz von Gerrit und der Verteidigung des Sprinttrikots, mussten wir vom Ziel wieder 100 km zurück an den gestrigen und heutigen Startort nach Ulrichen ins Oberwallis reisen. Neuerdings interessieren sich auch Presseleute für unser Team. Die Fragen der Medienleute beantworten wir natürlich gerne, das gehört auch zum Job. Wir sind froh, wenn nicht nur über Doping im Radsport berichtet wird. Den Anfang der Berichterstattungen machte der zürcherische Tages-Anzeiger mit einer schönen Reportage über das Volksbank-Team. Den Schweizer TV-Kommentatoren sind wir in der Zwischenzeit ebenfalls positiv aufgefallen. Sie loben die Leistungen „des kleinen sympathischen österreichischen Teams“ und sind sich nicht zu schade, unsere Steckbriefe und die Palmarès weiterzugeben. Dass unser Mann im rot-weissen Trikot (Mariuzs Witecki) nicht der österreichische, sondern der polnische Meister ist, sei ihnen vorderhand verziehen. Beide Nationalflaggen sind ja rot/weiss.

Nicht schlecht gestaunt habe ich, dass gestern von mir ein Bild auf der Titelseite der Tageszeitung „Berner Oberländer“ erschienen ist. Die mehrmaligen Mails meines privaten Pressemanns haben offenbar Wunder gewirkt. Bis Ende der Tour bringt es die Zeitung vielleicht auch noch zustande, wenigstens täglich das aktuelle Sprintklassement zu publizieren. Heute Morgen hatte ich auch einen Interview-Termin mit Adrian Durtschi vom Regionalradio BEO (Berner Oberland). Dann will das TV-Team des Fernsehsenders „Tele Bärn“ einen Beitrag drehen. Sogar der grössten Schweizer Boulevard-Zeitung, dem „Blick“ waren wir in der heutigen Ausgabe ein paar Zeilen wert. Dort muss man aber noch lernen, dass ich Stalder und nicht Stadler heisse. Dann gibt es da noch die kleine Wochenzeitung „Der Obersimmentaler“ in meinem Heimatdorf. Die hat meinen Bericht über den Gewinn des Sprint-Trikots samt Foto ganz einfach "verloren".

Das heutige Rennen war wir erwartet schwer. Gleich zwei meiner engsten Verfolger im Sprint-Klassement, Navarro und Ten Dam haben von Anfang an voll attackiert und den Furkapass vor dem Feld überquert. In der Abfahrt vom Sustenpass verloren die beiden dann aber den Anschluss und man hat mir die „Entwarnung“ übermittelt. Die Sprintpunkte gingen an Vladimir Gusev, (6+3), und an die Schweizer Martin Elmiger (6), Beat Z’Berg (4), Steve Zampieri (1). Dieses Quintett hat für mich heute die Kohlen aus dem Feuer geholt. Ohne Punkte gewonnen zu haben, bin ich auch morgen im Sprinttrikot durch meine engere Heimat unterwegs. Aussichten auf den Gesamt-Sprintsieg haben nun neben mir (20 Punkte) nur noch Pasamonte (14), Teamkollege Rene Weissinger (12) und Daniel Navarro (9) und neu Vladimir Gusev (9).

Im Gesamtklassement hat sich Gerrit Glomser dank einer Super Leistung auf Platz Neun vorgearbeitet. Ich musste am letzten Pass abreissen lassen und habe den Grimselpass in den in dichtem Nebel und den hinteren Rängen erreicht. Ich kam deshalb recht spät zur Siegerehrung auf dem Pass an: Im dichten Nebel hat es ohnehin niemand gesehen....



Freitag, 22. Juni 2007

Wir sind das Team des Tages - Gerrit Glomser Zweiter -

Wir müssen uns nicht verstecken...

Wir sind heute kurz nach dem Start in ein Gewitter geraten, wie ich es noch nie gesehen habe. Zuerst wurde es fast dunkel, dann blies es uns fast von der Strasse und anschliessend prallten baumnussgrosse Hagelkörner wie Maschinengewehrsalven und ein heftiger Gewitterregen auf uns. Wir suchten Schutz unter Bäumen, Vordächern usw. Wer sich nicht schützen konnte, erlitt ziemliche Verletzungen von den Hageleinschlägen. Auch die Rennräder erlitten Schäden und die Autolackierer bekommen viel Arbeit. Die Rennleitung entschied sich dann, das Rennen erst in Ulrichen zu starten, wo es dann am späten Nachmittag nach 15’30 Uhr wieder los ging. Das Dach der diesjährigen Tour, der Nufenenpass überquerten wir in Mannschaftsbussen und in Privatwagen. Es blieben dann nur 95 Renn-Kilometer bis nach Crans. Für mein Unternehmen Sprintwertung hatte das auch einen Einfluss. Ich befürchtete, dass die Gegner weniger müde und darum auch gefährlicher werden könnten.

Mein Hauptgegner Pasamonte griff schon ein paar hundert Meter nach dem Start an und ich war gezwungen, mitzugehen, damit er einsehen musste, dass ich gewappnet war. Kurz später griff La Pana an und Team-Kollege Rene Weissinger ging als Bewacher mit. Super, dass sich Rene trotz starkem Gegenwind bis nach den Spurtwertungen in Visp und Sierre vorne halten konnte und dafür besorgt war, dass die Sprint-Punkte im Volksbankhaus blieben. Dank der sehr guten Teamarbeit war es mir ein Leichtes, als Dritter jeweils den letzten Punkt zu ergattern. Nun habe ich zwanzig Punkte und damit 6 Punkte mehr als Pasamontes. Mit 21 Punkten hat Michael Albasini im letzten Jahr diese Wertung gewonnen.

Im Aufstieg zum Ziel griff dann Gerrit Glomser an und konnte hinter dem Holländer Erich Dekker den hervorragenden zweiten Platz belegen und sich auch im Gesamtklassement weiter nach vorne arbeiten. Das ist das beste Resultat, das in diesem Jahr für das Volksbank-Team resultierte. Herzliche Gratulation! Danke aber auch an Rene Weissinger und an das gesamte Team, das auch heute viel gearbeitet hat, damit ich meinem Ziel, dem Gesamtsieg in der Sprintwertung jeden Tag etwas näher komme.

Morgen ist die Königsetappe mit der Drei-Pässe-Fahrt Furka-Susten-Grimsel angesagt. Das könnte das Gesamtklassement nochmals tüchtig aufmischen.

Donnerstag, 21. Juni 2007

Sprint-Trikot verteidigt

Super Material: Exlusiv für das Volksbank-Team bereitsgestellt, fuhren wir damit die TdS

Heute war eine Dreiländerfahrt angesagt. Mit unserem modernen Bus fuhren wir vom Hotel Holiday Inn in Feldkirch (AUT) nach Vaduz (LIE) zum Start und mit dem Rennrad Richtung Schweiz. An dieser Tour de Suisse werden wir in einem modernen, von der Kleider-Ausrüsterfirma NIAL zur Verfügung gestellten, Reisebus transportiert. Hier können wir uns vor und nach den Rennen zurückziehen. Im hinteren Teil des Wagens befinden sich eine bequeme Sitzgruppe, etwas weiter vorne zwei Duschen und die Toilette. Zum Schutz des Bodens (vor unseren Veloschuhen) hat mein Vater am letzten Sonntag noch extra einen massgeschneiderten Teppich aus dem Berner Oberland „eingeflogen". Punkto Bus haben wir also mit den Pro Tour Teams gleichgezogen. Der Bus wird uns auch an der Deutschland-, Österreich und Polen-Rundfahrt zur Verfügung stehen.

Die Ausrüstung ist auch sonst top. Die Corratec Squadra-Rennmaschinen sind Spitze. Die Probleme an der Bayern-Rundfahrt – mehrmaliges Herausspringen der Kette – sind durch den Einbau eines neuen Kettenschlosses behoben. Der Computer am Lenkrad misst die Anzahl der gefahrenen Kilometer, die aktuelle und die durchschnittliche Geschwindigkeit. Ein Compi wie ihn z.B. die Fahrer des T-Mobile-Teams montiert haben (misst Puls, Wattleistungen, usw.) haben wir nicht. Macht nichts, dieses Gerät wiegt auch viel mehr. Via Kopfhörer sind wir Fahrer, Teamleitung) während dem Rennen untereinander verbunden. So können wir nicht nur taktische Anweisungen empfangen, sondern einander auch gegenseitig über spezielle Situationen informieren. Der neue Helm, Marke PRO 104 von LIMAR, den wir als Weltneuheit exclusiv tragen dürfen, ist super. Er wiegt nur noch 180 Gramm (normal war ca 230-280g), und passt sich hervorragend an meinen Kopf an. Bei früheren Modellen musste ich jeweils mit der Feile, einzelne Druckstellen eliminieren (am Helm und nicht Kopf).

Nun zum heutigen Rennen. Es war mir schon am Morgen klar, dass ich „mein" Trikot nicht kampflos abgeben würde. Für eine erfolgreiche Verteidigung lief das Rennen optimal. Der Holländer Laurens Ten Dam gewann den ersten Sprint 27 km vor dem Ziel und ich konnte, bestens geführt von meinen Teamkameraden Platz Zwei heraussprinten. Das bedeutete weitere drei Punkte in dieser Wertung. Noch besser hätte es in der letzten Wertung in Bellinzona kommen können. Gerrit führte mich souverän an die Spitze, aber dann fehlte mir im 60kmh-Tempo die Kraft, auch noch an ihm vorbeizuziehen. So waren es diesmal drei statt der möglichen sechs Punkte. Aber trotzdem: Mit 18 Punkten habe ich nun schon eine kleine Reserve und werde damit morgen wieder in Weiss am Start sein und für meine Helfer ein weiteres Mal 500€ in die Teamkasse beitragen können. Zum drittenmal auf dem TdS-Podest, das hätte ich mir vor ein paar Tagen nicht träumen lassen. Dass ich heute mit 35 Sekunden Rückstand gewertet wurde und nur 126. war, ist mir darum eigentlich egal. Ein herzliches Ciao aus der Sonnenstube Ticino und bis morgen „A demain à Crans-Montana".





Mittwoch, 20. Juni 2007

Wieder im AXA-Winterthur-Trikot!

Dienstag, 10. Juni, 19’30 Uhr

Unser kleines, aber gut organisiertes Team darf auf eine ganze Reihe tüchtiger Mitarbeiter zählen, ohne deren Unterstützung wir nicht erfolgreich mitmischen könnten. Zurzeit begleiten uns die Physiotherapeutin und Masseurin Petra Mayr und ihr polnischer Berufskollege Arkadiusz Woitas; die beiden Mechaniker und Chauffeure Johannes Kofler und Mario Woitach. Dr. Stefan Reuter ist unser Arzt. Die beiden sportlichen Leiter Mario Beccia, Italien und Thomas Vetsch, Schweiz koordinieren alles rund um die Rennen und Thomas Kofler überwacht als umsichtiger Team Manager das Geschehen. Im Hintergrund wirken weitere Heinzelmännchen und –frauen (Koch, Back Office, Presse, Promotion, Online-Redaktion, usw.). Sie sind alle von früh bis spät auf den Beinen und haben auch viel noch Arbeit, wenn wir die Ziellinie überfahren haben.

Wir hatten uns heute vorgenommen, während der Fahrt vom Tirol via Vorarlberg ins Fürstentum Liechtenstein in den Stammlanden unseres Hauptsponsors Volksbank offensiv zu fahren und uns von unserer besten Seite zeigen. Die Anfahrt Richtung Arlbergpass und die Abfahrt war dann aber so rasant, dass ein Ausreissversuch nicht möglich war. Wer die Tour de Suisse gewinnen wollte, musste heute die Karten auf den Tisch legen. Heute Morgen habe ich in ein paar Homepages von Rennfahrerkollegen gesurft. Alle fürchteten sich vor dem schweren Schlussaufstieg nach Malbun. Er war in der Tat happig. Die Steigung von 1’120 m auf 12,7 km entspricht ziemlich genau dem Höhenunterschied  von Zweisimmen (960m) auf meinen Hausberg, dem 2080m hohen Rinderberg. Für die extrem steilen Kilometer hatte ich mir einen 25er-Kranz auflegen lassen.)

Ich setzte mich nicht unter Druck, denn ich hatte nichts zu verlieren. Für mich stand ja immer auch noch die Option „Rückgewinnung des Sprint-Trikots“ offen. Und siehe da. Bei der ersten Wertung gewann zwar noch der Spitzenfahrer Kevin de Weert, aber bei der zweiten Wertung konnte ich die  sechs Punkte gewinnen und durfte mich an der Siegerehrung nach dem Sonntag zum zweitenmal in das weisse AXA-Winterthur-Trikot einkleiden lassen. Unmittelbar nach der Sprintwertung begann der Anstieg Richtung Malbun. Ohne Ambitionen auf das Gesamtklassement habe mich darauf beschränkt, so wenig Kraft wie möglich zu verschwenden. Ich erreichte das Ziel zeitgleich mit meinem Teamkollegen Andreas Matzbacher und mit dem Ostermundiger Clubkollegen und heute enttrohnten Leader Fabian Cancellara auf Platz 61. Ich belege nun im Gesamtklassement mit 11.22 Rückstand den 53. Rang. Damit ist für mich klar: Jetzt konzentriere ich mich auf die Sprintwertungen und auf einen Etappensieg. Mit 11.22 Rückstand wird man mich hoffentlich im Verlaufe der weiteren Tour gelegentlich in einer Fluchtgruppe gewähren lassen….

Euer Flöru  

 

Dienstag, 19. Juni 2007

Mein Tag in Weiss


Sprintsieg-Blumen für Freundin Flavia

Es ist spät geworden gestern abend. Spurtankunft in Luzern erst gegen 18’00 Uhr, dann die Siegerehrungen mit der für mich unerwarteten Einkleidung ins Sprint-Trikot der AXA-Winterthur Versicherung. Einzelne Interviews, die Reise ins Mannschaftshotel in Küssnacht am Rigi, eine intensive Massage und schlussendlich erst nach 21’00 Uhr das Nachtessen. Heute hiess es umso früher aufstehen. Der Start war ja – wegen der Streckenlänge von 230 km schon auf elf Uhr angesetzt und wir hatten vorerst noch von Küssnacht nach Brunnen zu dislozieren. Entwarnung für den gestern gestürzten Gerrit Glomser, er konnte heute ebenso wie der immer noch etwas kränkelnde Pascal Hungebühler an den Start gehen.

Schon die Fahrerpräsentation war speziell. In meinem weissen Sprinttrikot wurde ich speziell begrüsst und vom Speaker zum Interview gebeten. Unsere gestrigen Erfolge haben auch die Medien aufgeweckt. Ein Blick-Reporter will unser Team in seiner Zeitung präsentieren. Meiner eigentlichen Hauszeitung der Berner Zeitung allerdings war meine gestrige Leistung keine Zeile wert. Dort war der neben viel Doping-Geschreibsel vor allem der Sturz von Zberg und Rast ein Thema. So ist das halt: der Prophet im eigenen Lande gilt nicht viel…Nun trugen heute neben Mariuzs Witecki (im polnischen Meistertrikot) zwei Volksbänkler nicht das traditionelle Dunkelblau. Eine Taktik hatten wir uns nicht eigentlich zurecht gelegt. Mit- und Ankommen war angesagt. Falls eine frühe Fluchtgruppe laufen würde, wollte ich mitgehen, aber trotzdem Kräfte sparen. Wenn ich mit den Besten über den Flüelapass kommen sollte, so würde ich probieren, das Trikot zu verteidigen. Die beiden Sprintwertungen waren 26, bzw. 9 km vor dem Ziel angesagt.

Schon kurz nach dem Start lief dann eine Fluchtgruppe mit mir. Es klappte aber nicht. Vielleicht war es besser, denn die Drei, die dann 220 km lang vorne lagen, dürften heute abend ordentlich kaputt sein. Dass wenigstens Alessandro Proni durchkam und gewinnen konnte, ist gut und macht mir Mut, es ebenfalls einmal zu probieren. Ich hatte keine Chance auf die Verteidigung meines AXA-Sprint-Trikots. Dieses trägt morgen einer des Flucht-Trios, Daniele Navarro. Ich fand meinen Rhythmus über den 2383 Meter hohen Flüelapass ganz gut und kam locker mit. Eine kleine Krise zuoberst an der Norbertshöhe (2km vor dem Ziel) verunmöglichte mir das Loch nach vorne zu schliessen. Glücklicherweise ist das Gerrit Glomser noch gerade gelungen, er wurde ausgezeichneter 13. und liegt nun im Gesamtklassement auf Platz 22. Ich belege mit 21 Sekunden Rückstand, Platz 36 in der Etappe und Platz 42 im Gesamten und bin zufrieden. Nun liege ich unter den Händen unserer Masseurin im sehr schönen Hotel Hochland in Nauders und beantworte die zahlreichen SMS und Telefonanrufe meiner Fans.

Montag, 18. Juni 2007

Unerwartet: Ins Sprint-Trikot eingekleidet!

Gestern Abend haben wir teamintern unsere „geschlossene“ Leistung im Prolog kurz analysiert. Die Spezialisten treten in dieser Disziplin ganz anders in die Pedale. Persönlich mag ich meinem Klubkollegen vom VC Ostermundigen/Bern, Fabian Cancellara den Prologsieg sehr gönnen. Er hat eine vorzügliche Leistung gezeigt. Aber auch unsere Rene Weissinger hat sich mit nur 18 Sekunden Rückstand sehr gut geschlagen.

Dann haben wir die Taktik für den heutigen Tag besprochen. Unser Ziel war, in jeder Gruppe einen Fahrer dabei zu haben. Sollte es zu einer Spurtankunft kommen, hätten wir eine Startrampe für unsere sprintstarken Harald Morscher und Rene Weissinger aufbauen sollen. In den ersten beiden Rennstunden wurde kräftig gebummelt. Wir wollten nicht die Auslöser des ersten Angriffs sein. Als aber das TV auf Sendung ging, sahen wir eine Chance, uns zu präsentieren. Pascal Hungerbühler riss alleine aus und führte mit einem Vorsprung von maximal mehr als vier Minuten. Während dem Grossteil seiner Flucht war er der virtuelle Träger des Goldtrikots. Beim Aufstieg auf die Rengg, den höchsten Punkt des heutigen Tages holte ihn das Feld unter Führung der CSC-Equipe wieder ein. Die 2,5 km lange Steigung (12% im Mittel) wurde in forschem Tempo angegangen.

Ich konnte problemlos mithalten und konnte auf den ersten Metern der Abfahrt zwei Aussreissern folgen. Wir erreichten einen Maximalvorsprung von 46 Sekunden. Weil ich nicht so recht ans Gelingen des Unternehmens glaubte und andererseits im Falle eines Durchkommens für den Schluss-Spurt „frisch“ sein wollte, führt ich nicht mit letzter Konsequenz. Vier Kilometer vor dem Ziel war dann die Flucht beendet.

Gelohnt hat es sich aber trotzdem: Ich konnte die letzte Sprintwertung gewinnen und punktemässig zu Teamkollege Pascal Hungerbühler aufschliessen. Weil bei Punkte-Gleichstand derjenige Fahrer das Trikot tragen darf, der die letzte Wertung für sich entschieden hat, so durfte ich mich bei der Siegerehrung ins weisse Trikot einkleiden lassen. Hätte man mir das am Morgen gesagt, hätte ich dafür gleich unterschrieben. Im Etappenklassement wurde ich 46.;im Gesamtklassement habe ich mich unter die ersten 100 vorgearbeitet.

Freude und Leid sind leider auch im Radsport nah beieinander. Unser Gerrit Glomser stürzte kurz vor dem Ziel in einer Linkskurve zusammen mit anderen Fahrern und trug einige Verletzungen davon. Der Animator Pascal Hungerbühler, kränkelte schon vor dem Start und spürt seine Erkältung nach seinem Husarenritt noch mehr. Gueti Besserig Pascal! Um keine unnötigen Risiken einzugehen, hat man meinen gestrigen Zimmerkollegen „in Quarantäne“ gelegt, mit der Folge, dass ich heute ein Einzelzimmer belege. Vorbeugen ist besser als heilen!

Es grüsst im weissen TdS-Sprint-Trikot: Euer Florian

Sonntag, 17. Juni 2007

Prologe: Nicht mein Ding...

Vor dem Prolog: Aufwärmen auf die Betriebstemperatur (zusammen mit Pascal Hungebühler)

Mit meinem Start um 15’45 Uhr habe ich dann also die diesjährige TdS eröffnet. Wie gesagt, habe ich mir vorgenommen, keine unnötigen Risiken einzugehen, weil ich von meinem Körper her ohnehin kein Mann für kurze Zeitfahren bin. Dann war mir nicht ganz sicher, ob ich die Steigung auf der grossen Scheibe bewältigen sollte.

Ich hoffte, nicht weniger als 30 Sekunden auf den Sieger zu verlieren. Hätte Fabian Cancellara nicht ein so entfesseltes Rennen geliefert, wäre mir dies gelungen. So aber beträgt mein Rückstand 32 Sekunden und ein Rang unter ferner liefen. Es bleibt mir die Erkenntnis, dass diese Prologs nicht unbedingt mein Ding sind. Ich bin aber nicht beunruhigt und bin mir gewöhnt, aus einer solchen Position in das eigentliche Rennen zu starten.

Mannschaftsmässig haben wir sehr "geschlossen" abgeschnitten, Harald Morscher, Pascal Hungerbühler, Andreas Matzbacher, Josef Benetseder und ich waren innerhalb einer Sekunde platziert. Stärkster Prologfahrer unseres Teams war Rene Weissinger (18 Sekunden Rückstand/Platz 41).

Morgen werden wir weitersehen. Tschüss Freunde!

Ich darf die Tour de Suisse eröffnen!

Aufschrift für das Begleitfahrzeug:
Stalder ist an der Spitze...


Wenn heute Nachmittag um 15’28 Uhr der Startschuss an der TdS ertönt, gilt es für mich ernst. Ich habe die Ehre, als Nummer 1 im Prolog, die diesjährige Schweizer Landesrundfahrt zu eröffnen. Als ich das gestern nach der Fahrer-Präsentation erfahre habe, war ich einen Moment lang schon ziemlich nervös, aber jetzt freue ich mich darauf.


Ich kenne die Strecke. Sie ist identisch mit dem Parcours des Zeitfahrens vom GP Tell 2005. Eine Steigung am Hausmatt-Rain kurz nach dem Start, ein Kreisel bei den Sportanlagen und zwei scharfe Rechtskurven kurz vor dem Ziel sind die einzigen Schwierigkeiten. Ich werde Vollgas geben, aber trotzdem nicht mit vollstem Risiko kämpfen. Die Abstände werden ohnehin gering sein und keine Auswirkungen auf das Gesamtklassement haben. Lieber ein paar Sekunden mehr als ein Sturz. In Prolog-Zeitfahren habe ich da schon Einiges erlebt. Im letzten Jahr habe ich es fertig gebracht, am Prolog der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt (3,1 km) gleich zweimal zu stürzen. Damals hat es aber in Strömen geregnet, heute wird die Strasse trocken sein.


Übrigens: Gerrit Glomser ist gestern Abend ebenfalls eingetroffen. Sein Kopf ist nach dem Bienenstich in die Nase immer noch etwas geschwollen, das wird ihn aber nicht behindern. Das Prolog-Zeitfahren wird ab 17’30 Uhr Live auf im Schweizer Fernsehen übertragen. Mich wird man dabei kaum in Aktion sehen, zu diesem Zeitpunkt bin ich längst unter der Dusche.


Samstag, 16. Juni 2007

Florian's Tour de Suisse-Tagebuch (2)

Freitag, 15. Juni, 22’00 Uhr

Wir werden fahren, wie von den Bienen gestochen…

Im Rahmen der teaminternen, vierteljährlichen medizinischen Kontrolle sind wir am Morgen im Spital von Feldkirch auf Herz und Nieren und auf alles Mögliche, unter anderem auf die Hämatokritwerte geprüft worden. Ich habe mich heute im Internet schlau gemacht, was eigentlich ein Hämatokritwert ist, aber angesichts der vielen Fremdwörter verstehe ich immer noch „Bahnhof“. Die Resultate liegen noch nicht vor, aber ich habe ein gutes Gefühl über meinen Formstand.

Dann fuhr die ganze Mannschaft nach Wangen bei Olten, wo wir zusammen mit den drei Pro Tour-Teams Astana, Bouygues Telecom und Caisse d’Epargne während den ersten zwei Nächten logieren werden. Wenn ich schreibe „die ganze Mannschaft“ so stimmt das nicht ganz, denn es gab schon einen ersten Zwischenfall: Teamkapitän Gerrit Glomser wird im Hotel erst später einchecken: Gerrit ist von einer Biene gestochen worden und befindet sich noch in ärztlicher Behandlung. Ein Training haben wir angesichts des strömenden Regens heute nicht mehr absolviert, ich habe eine intensive Massage genossen.

Zur Fahrerpräsentation um 18’30 Uhr hellte sich der Himmel auf. Ich hoffe, dass von nun an die Strassen bis am 24. Juni trocken bleiben…. Als erste Mannschaft traten wir dann in Olten an der Fahrerpräsentation auf und wurden von den recht zahlreich erschienenen Zuschauern herzlich begrüsst. Erstmals darf sich das Volksbank-Team an der Schweizer Rundfahrt präsentieren. Wir werden mit den folgenden Startnummern im TdS-Einsatz stehen: 201 Florian Stalder, SUI / 202 Pascal Hungerbühler, SUI / 203 Gerrit Glomser, AUT / 204 Harald Morscher, AUT / 205 Rene Weissinger, GER / 206 Mariusz Witecki / 207 Andreas Matzbacher / 208 Josef Benetseder. Meine Nummer mit der Endzahl 1, hat schon etwas zu bedeuten. Radsportkenner wissen das!

Florian's Tour de Suisse-Tagebuch (1)



Koffern packen

Hallo liebe Fan’s.Nun ist es also soweit. Heute um 17’00 Uhr hat das Volksbank-Team die Ehre, als einzige Kontinental-Mannschaft zusammen mit den 20 Pro Tour Teams an der Fahrer-Präsentation der Tour de Suisse in Olten teilzunehmen. Ich bin mächtig stolz und freue mich riesig auf diesen Auftritt. Ich werde an der TdS mein Bestes geben, um ehrenvoll abzuschneiden. In dieser Woche habe ich weitere Trainingseinheiten an den Pässen in der Umgebung meines Wohnorts Zweisimmen (Jaunpass, Col des Mosses, Col du Pillon) absolviert.

Das Unternehmen Tds hat für mich schon gestern begonnen. „Koffern packen“ war vorerst angesagt. Die Ausrüstung – inkl. warmer Kleidung für die Passfahrten – Freizeitkleidung, Unterwäsche, Schuhe und alles was so dazu gehört, wiegen sicher gegen 20 kg. Nicht eingerechnet der neue, ultraleichte Helm, (nur 180g) der uns heute übergeben wird und den wir als Weltneuheit tragen dürfen! Um 15’01 Uhr habe ich Zweisimmen mit der Bahn verlassen. Die Kinder aus der Nachbarschaft hatten den Zugangsweg zu unserm Haus mit „Hopp Flöru“ und Schweizerkreuzen bemalt. Danke! Ich hoffe, dass ich in den kommenden Tagen weitere Zeichen der Aufmunterung erhalte.

Gegen 20’00 Uhr bin ich in der teameigenen WG in Götzis bei meinen Mannschaftskollegen eingetroffen. Nach einer ruhigen Nacht geht’s heute Morgen ins Spital nach Feldkirch, zur obligaten vierteljährlichen medizinischen Kontrolle (Blutwerte, usw.). A propos Gesundheit: meinem lädierten Knie und den Sturzverletzungen (Bayern-Rundfahrt) geht’s besser. Die Behandlung durch meinen Hausarzt Dr. Beat Hählen, Lenk und durch meinen Physiotherapeuten Jules van Enckevort, Zweisimmen hat sich positiv ausgewirkt. Bei Belastungen spüre ich keine Schmerzen mehr.



Samstag, 9. Juni 2007

Das grosse Interview mit den Volksschülern aus Zweisimmen



Die 5. und 6. Klasse der Volksschule Zweisimmen, geleitet vom Lehrerteam Yvonne Zeller und Ueli Zeller (nicht verwandt) hat sich während der Landschulwoche im freiburgischen Enney ganz intensiv mit dem Thema Radrennsport auseinandergesetzt. Nicht nur haben die Kinder die An- und Rückreise per Velo absolviert, man war auch täglich auf den Bikes. Mit dem Film „Tour de France – Höllentour“ haben sich die Schülerinnen und Schüler auf ein Interview mit mir vorbereitet und mir viele und zum Teil recht knifflige Fragen gestellt! Aus Platzgründen haben wir Fragen zu persönlichen Daten und Angaben, die auf der Homepage zu lesen sind, hier nicht nochmals aufgeführt.

Wann hast Du mit dem Radrennsport angefangen? Dank den Trainings mit meinem Vater, der selber früher auch ein guter Elite-Amateur war, verfügte ich schon als Kind über eine gute Kondition. Als ich dann bei den ersten zwei Radrennen (Gstaad-Lauenensee und Adelboden-Geils) gut abgeschnitten hatte, war für mich klar dass ich Radrennfahrer werden wollte.

Welches sind Deine Hobbies? Kinofilme, Klettern, Autos, Bergwanderungen. Das Skifahren ist mir vertraglich verboten.

Hast Du Vorbilder, wer ist im Moment der Beste? Ich habe keine Vorbilder. Im Moment dürfte der Italiener Danilo die Luca der Stärkste sein.

Wieviele Stunden schläfst du und bist du vor den Rennen nervös? 9-10 Stunden Schlaf ist für mich wichtig. Je nach Rennen bin ich unterschiedlich nervös.

Wie hast du es mit dem Alkohol und dem Rauchen? Das geht nicht bei einem Spitzensportler und ist für mich kein Thema. Während der Rennsaison sieht man mich auch nicht im Ausgang.

Leistest du auch Militärdienst? Man hat mich bei der Aushebung (leider) ausgemustert, weil ich einen krummen Rücken hätte. Ich leiste Zivildienst.

Beschreibe uns Dein Rennvelo! Die Corratec-Maschine hat 20 Gänge. Sie kostet 11'000 bis 12'000 Franken. Das Trainingsrad ist 7,4 kg schwer, das Rennmodell wiegt nur 6,8 kg. Die Pneus sind 12mm breit und mit 7-9 Bar aufgepumpt. (Autopneus 2.5). Das kleine Gerät am Lenker misst alles, vom Puls bis zum Pedaldruck, alle Daten werden gespeichert und können am Computer ausgewertet werden.

Welche Rennen sind dir am besten in Erinnerung geblieben und welches Rennen würdest Du gerne gewinnen? Der GP-Tell 2004 (3. Rang), mit dem Ziel in meinem Wohnort Zweisimmen und vor einer grossen Menschenmenge war ein schönes Erlebnis. Gerne erinnere ich mich auch an die dreiwöchige Vuelta in Spanien oder an die Österreich-Rundfahrt, wo ich das Sprint-Trikot gewinnen konnte. Am liebsten würde ich einmal eine Tour de Suisse-Etappe gewinnen oder einmal Schweizermeister werden. Aber für mich zählen nicht nur die Siege, ich möchte später vor allem als ehrlicher und seriöser Sportler in Erinnerung bleiben.

Welches ist dein bevorzugtes Team? Mein jetziges Team Volksbank. In der Pro Tour wäre es Gerolsteiner. Beim Volksbank-Team ist die Stimmung in der Mannschaft gut und man hat sprachlich keine Probleme.

Sage uns etwas über die Trainings und die Renntage. 2006 habe ich über 90 Renntage absolviert und zusammen mit dem Training kam ich auf 29'000 km. Pro Woche trainiere ich 25-30 Stunden, vor allem auf dem Velo, auf der Rolle und im Kraftraum. Im Winter trainiere ich vor allem im warmen Spanien und mache hie und da auch etwas Langlaufsport.

Achtest Du auf die Ernährung? Drei Stunden vor einem Start essen wir eine richtige Mahlzeit. Vor schweren Rennen vor allem auch Teigwaren. Im Rennen verpflegen wir uns mit Schinkenbrötli, Nutella und Ballisto. Während dem Training haben wir keine Vorschriften, aber jeder schaut natürlich, dass er kein Fett ansetzt.

Warum rasiert ihr euch die Beine? Damit bei Stürzen die Verletzungen besser gepflegt werden können und keine Entzündungen wegen eingewachsenen Haaren enstehen und damit die Massagen angenehmer werden.

Hast Du einen Trainer und einen Mentaltrainer oder einen Manager? Einen Trainer ja. Er gibt mir vor allem Trainingsanweisungen und kontrolliert das auch. Einen Mentaltrainer habe ich nicht, obwohl das vielleicht nicht schlecht wäre. Man sagt, dass ich vor wichtigen Rennen immer etwas zu jammern habe… Mein Manager ist Rolf Huser von der Firma IMG. Er hat mir auch die Kontakte zu Phonak und zum Volksbank-Team vermittelt.

Wie ist eine Mannschaft organisiert? Es ist wie in einem gewöhnlichen Beruf. Es gibt die Chefs und die Mitarbeiter. Jeder hat seine klar definierte Aufgabe. Am Anfang der Tour de Suisse werden wir drei Kapitäne sein. Je nach der Form unterstützen dann alle den Besten, indem man ihn begleitet, ihm die Getränke reicht, „Löcher“ zufährt und und und… Dann gibt es Spezialisten für den Sprint und für die Berge. Mit meinen 60 kg werde ich wohl nie einen Massensprint gewinnen können. Weil ich mich gut erhole, bin ich eher ein Rundfahrtenspezialist. Jeder in der Mannschaft hat seinen Lohn und auch sein klares Pflichtenheft.

Gibt es eine Renntaktik? Oh ja, alles ist organisiert. Wir sind alle mit einem Kopfhörer ausgestattet und werden vom Teamchef im Auto informiert und können die Taktik auf das Rennen ausrichten. Am Anfang muss man möglichst Kraft sparen, um dann am Schluss zulegen zu können. Wenn es aber schlecht läuft, nimmt man schon mal den Kopfhörer aus dem Ohr und sagt, die Batterie sei futsch…

Was ist ein Wasserträger? Der oder die Wasserträger holen die Getränke aus dem Begleitauto und übergeben sie den Mannschaftskollegen. Drei Flaschen können in den Trikottaschen transportiert werden, daneben werden 5-6 Flaschen ins Trikot gesteckt. Die Wassertransporte sind streng und heikel. Wenn man bedenkt, dass jeder Fahrer pro Rennen etwa 6 Flaschen trinkt, sieht man, dass die Wasserträger einen strengen Job machen und wichtige Leute in der Mannschaft sind.

Wie schnell fährt ihr an den Rennen? Bergauf mit 20-30 kmh und talwärts 70-90 kmh. Ich hatte auch schon über 100 kmh auf dem Tacho. Im Durchschnitt sind die Etappen etwa 40-45 km schnell. Am Ende einer Etappe wird konstant mit über 50 kmh gefahren.

Uns tut nach zwei Tagen Velofahren das Füdli weh, wie ist das bei dir? Anfangs Jahr spürt man das schon auch, später kaum mehr. Wichtig ist ein guter Sattel und eine gute Bekleidung.

Hattest Du auch schon Stürze? Ja, aber gottseidank noch keine gravierende Verletzungen. Stürze gibt es immer wieder vor allem in Massensprints. Mein Rekord ist bei zwei Stürzen wegen starkem Regen innerhalb von drei Kilometern während einem Zeitfahren im letzten Jahr. Gerade vor einer Woche an der Bayern-Rundfahrt hat es mich erwischt. Ich kann euch meine lädierte Schulter und mein Knie und die Schürfungen an der Hand und an den Armen zeigen. Das tut weh, vor allem nachts, wenn die offenen Wunden an der Bettwäsche kleben.


Welches war dein schlimmster Unfall? Bei einem Sturz in Italien habe ich das Kinn nähen müssen. Weil der Arzt befürchtet hat, ich hätte eine Hirnerschütterung, hat man mich mit dem Krankenauto ins Spital transportiert. Den schlimmsten Unfall habe ich aber in meinem erlernten Beruf als Maurer erlebt, als ich mir mit der Trennscheibe beinahe den Arm abgeschnitten habe.


Hattest Du auch schon Defekte am Velo? Ja, einmal ist das Rad bei einem Sturz in zwei Teile auseinander gefallen. Daneben gibt es Reifenschäden, Kettenbrüche (in letzter Zeit leider etwas viele) und auch etwas Probleme mit der Schaltung.

Wie geht das mit der „Bislerei“ während dem Rennen? In einem sechsstündigen Rennen und mit der grossen Wasseraufnahme ist es normal, dass man einmal Pipi machen muss. Wir benützen dabei langsamere Rennphasen und erledigen das während der Fahrt, aber nicht gerade dort wo die Zuschauer stehen.

Manchmal sieht man, dass Fahrer ihre Angehörigen grüssen. Das ist möglich. Man informiert seine Konkurrenten, fährt etwas voraus und kann dann schnell ein paar Worte mit Verwandten oder Freunden wechseln.

Hast auch schon im Besenwagen Platz nehmen müssen? Ja das gab es auch schon. Meistens ist das erniedrigend, auch weil man dann schlecht gelaunt ist. Einmal habe ich in Belgien zwei Tage hintereinander aufgeben müssen. Der Besenwagen-Chauffeur hat mich am zweiten Tag schadenfreudig begrüsst: „Ach du bist auch schon wieder da, aber heute bist du immerhin ein paar Kilometer weiter gekommen“.

Wie ist das Verhältnis in einem Fahrerfeld? Es ist wie in einer grossen Familie. Man kennt sich und spricht miteinander. Auch während dem Rennen. Mit einzelnen Fahrern hat man mehr Kontakt, mit anderen weniger. Mit meinen Schweizer Alterskollegen Andreas Dietziker und Hubert Schwab habe ich am meisten Kontakt, oder auch mit den letztjährigen Phonak-Kollegen, Guidi, Hunter, usw.

Wohnt ihr während den Rennen in Hotels oder in Zelten? In Hotels, wobei diese nicht überall luxuriös sind. An grossen Rennen und auch während der Tour de Suisse steht uns ein moderner grosser Bus zur Verfügung. Dort können wir uns vor und nach dem Rennen aufhalten. Er ist mit Duschen und mit Ledersofas ausgerüstet.

Kommen wir zum Thema Doping. Wer sagt euch, was ihr verboten ist? Es gibt eine Broschüre, wo alle verbotenen Substanzen im Essen und in Medikamenten aufgeführt sind. Wenn man nicht sicher ist, gibt es eine Hotline, die man anrufen kann. Das funktioniert. Nach einem Sturz in Italien habe ich nachts um zwölf Uhr dort angerufen und gefragt, ob ich das mir unbekannte Medikament verwenden dürfe. Die Dame von der Hotline hat mich kurze Zeit später angerufen und gesagt alles sei ok.

Bist Du auch schon kontrolliert worden? Ja im letzten Jahr bei Phonak sechs Mal. In diesem Jahr erst einmal an der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt. Alle Proben waren negativ. Trotzdem ich immer ein gutes Gewissen habe, nervt mich das Warten auf den Bericht. Ich trete ganz klar ein für einen sauberen Sport. Der Radsport erlebt derzeit keine glückliche Phase. Für mich wäre es vielleicht besser, wenn meine Karriere erst in 5-10 Jahren beginnen würde!

Müssten die Kontrollen nicht verstärkt werden? Leider wird nicht überall mit den gleichen Ellen gemessen. Ich würde vorschlagen, dass die Schweizer z.B. die Italiener, die Deutschen die Spanier usw. kontrollieren. So wäre sichergestellt, dass alle mit dem gleichen Massstab gemessen werden.

Hast Du bemerkt, dass auch Phonak-Teamkollegen gedopt haben? Nein ich habe nichts mitbekommen, ich war ja auch nicht bei der Tour de France.

Wird es je möglich sein, im Radsport vom Doping wegzukommen? Ich hoffe dass es gelingt, davon wegzukommen, aber überall wo es um viel Geld geht – und nicht nur im Sport – wird leider getrickst. Es schockiert mich schon, wenn ich höre, wie ehemalige Sportler mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben. (Krankheiten, Organversagen, psychische Probleme).

Was denkst Du über Lance Armstrong und seine sieben Tour-Siege? Lance war sicher einer der besten Rennfahrer aller Zeiten, wie aber seine Siege zustande kamen, kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht dabei war. Sicher ist aber, dass er wie Jan Ullrich ein grosses Talent hatte. Nur mit Doping kann man aus einem Esel kein Rennpferd machen.

Zum Schluss: warst Du ein guter Schüler? Fragt euren Lehrer, Herr Zeller, er hat auch schon unsere Klasse unterrichtet. (Lehrer Ueli Zeller: Flöru war ein durchschnittlich guter Schüler, er hatte manchmal etwas Motivationsprobleme…

Montag, 4. Juni 2007

Bayern-Rundfahrt

Pech und Pannen

1. Etappe: Sturz am Kreisel

Ein Quartett mit dem Schweizer Michael Schär (Astana) hat sich 180 km lang abgerackert und einen maximalen Vorsprung von knapp sieben Minuten erarbeitet. Aber wie es meistens so ist, haben die spurtstarken Team von Milram (mit Zabel) T-Mobile (mit Ciolek) und CSC (mit O'Grady) und Gerolsteiner (mit Kopp) Gas gegeben und die Flüchtlinge keine 5 km vor dem Ziel gestellt. Wie meistens nach längeren Rennpausen, hatte ich am Anfang der Etappe etwas Mühe, um in den Rhythmus zu kommen. Bei Km 100 hat mich ein Konkurrent an einem Kreisel abgedrängt, so dass ein Sturz unvermeidlich war. Ausser ein paar Schürfungen habe ich dabei nichts abbekommen. Im Sprint hielt ich mich zurück

2. Etappe: Zeitgleich mit Erik Zabel am Ziel

Für die Etappe über knapp 190 km im hügeligen bayrischen Lande hatte ich mir einiges vorgenommen, aber leider klappte es auch heute nicht der erhofften Flucht in der Schlussphase. Ich erreichte das Ziel in einer 54-köpfigen Spitzengruppe als 29. zeitgleich mit dem Sieger Erik Zabel. 30 km vor dem Ziel ereilte mich ein Kettenbruch, was einen Radwechsel zur Folge hatte.

3. Etappe: Wieder Zabel

Auch heute gewann Erik Zabel den Spurt des praktisch geschlossenen Feldes. Wir versuchten unserem Harald Morscher den Spurt anzuziehen. Es war aber wie gestern sehr hektisch und schlussendlich wurde Morscher 10. Bester unseres Teams wurde aber Gerhard Trampusch mit Platz 8. Heute wurde ich in der gleichen Zeit wie der Sieger 54.

4. Etappe: Pech und Pannen im Zeitfahren

Das war nicht mein Tag heute. Nach einem guten Start im Zeitfahren ist mir bei km 8 die Kette rausgefallen. Ich trat ins Leere und schlug mein Knie heftig am Lenker an. Absteigen, Kette rein und dann mit Schmerzen über die restlichen 16 km ergab einen Rückstand von 3.01 und damit nur Platz 81. Die Bayern-Rundfahrt ist offensichtlich mein Pechrennen der Saison. Im Gesamtklassement bedeutet dies einen Rückschlag auf Platz 56.

5. Etappe: Wieder eine Etappe für die Sprinter

Auch die letzte Etappe wurde im Sprint entschieden. Die ganze Rundfahrt schien mir fast zu leicht, die Allrounder hatten kaum Chancen, etwas Zeit im Gesamtklassement zu gewinnen. Heute wurde ich im Feld 67. zeitgleich mit Sieger Sebastian Fiedler vom Milram-Team und im gesamten blieb es beim 56. Platz. Die 3.07 Rückstand habe ich mir im Zeitfahren und in Bonifikationen eingehandelt. In den vier "normalen" Etappen habe ich keinen Zeitverlust auf Gesamtsieger Stefan Schumacher erlitten.